Freitag, 6. April 2012

Christ at the Checkpoint Konferenz


Auszüge aus einem von mir geschrieben Artikel für das deutsche Nes Ammim Magazin

Was waren meine Erwartungen als ich mit Zug und Bus in Richtung Bethlehem unterwegs war? Ich erhoffte mir von meinem Besuch in der Westbank neben interessanten Vorträgen auf theologischer Ebene vor allem auch eine Erweiterung  meines eigenen Horizonts durch Erfahrungen und Begegnungen.


Man hätte sich wohl kaum einen besseren Veranstaltungsort suchen können. Das Intercontinental Hotel in Bethlehem ist gleich von mehreren Flüchtlingslagern umgeben und ca. 200 Meter von der mehrere Meter hohen Betonmauer gelegen, die in dieser Gegend das Israelische Kerngebiet von den Gebieten des Westjordanlands trennt. So wird ein Teil der permanenten Realität der Palästinenser für die vielen Konferenzbesucher aus Europa und den USA gleich zu Beginn sichtbar. 

© Tjitte Dijkstra © Tjitte Dijkstra



Am Eröffnungsabend sprachen neben Leitern des die Veranstaltung austragenden „Bethlehem Bible Collage“ auch der Bürgermeister Bethlehems sowie Dr. Salam Fayyad, zurzeit Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiegebiete. Seine Rede beinhaltete viele politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich interessante Informationen über die Palästinensischen Gebiete die mir vorher nicht bewusst waren. Besonders sprach er über die derzeitigen Bemühungen die Wirtschaftsleitung zu verbessern, um dadurch gewisse internationale Kriterien zu erfüllen, was zur Gründung eines palästinensischen Staates erforderlich wäre.


Einer meiner Beweggründe für das Jahr in Israel war der Wunsch mir mein eigenes Bild machen zu können und weniger von den oftmals vorurteilhaften Meinungen anderer abhängig zu sein. Mein Besuch im West-Jordanland war diesem Ziel eindeutig dienlich. Das lag auch daran, dass ich neben der Konferenz auch durch Gespräche mit Einheimischen ein Stück weit Einblick in ihr Leben und die es beeinflussenden Umstände haben durfte. Ich muss zugeben, dass es mir direkt nach der Veranstaltung schwer viel, innerlich eine nicht verurteilende Haltung beizubehalten. Geholfen hat dagegen aber zum Beispiel die beeindruckende Rede des Gründers von Musalaha, eines Projekts zur Versöhnung zwischen Juden und Palästinensern, Dr. Salim Munayer. Was er sagte wird mir wohl am  stärksten in Erinnerung bleiben. Besonders betont wurde hier nämlich Versöhnung und gegenseitiger Respekt, verurteilt wurde nicht aufgrund von Ethnie oder Religion sondern hauptsächlich die Angst vor einander, die zu Hass, Terror, Krieg, Besatzung und Erniedrigung auf beiden Seiten führte und immer noch führt. Seiner Meinung nach muss man um Versöhnung möglich zu machen Selbstkritik und Demut an den Tag legen und damit aufhören die Vergangenheit des anderen zu ignorieren oder herabzuspielen und sich gegenseitig die Schuld zuzuweisen. In diesen Worten sehe ich etwas Hoffnung in dem Konflikt der mit jedem Gespräch das ich mit Israelis oder Palästinensern habe komplexer zu werden scheint.
Am Ende war für mich weniger der theologische Aspekt der Konferenz von  Bedeutung, da sowohl einige der Vorträge als auch die Referenzen der Menschen, die den auf der Konferenz hinterfragten christlichen Zionismus vertreten, oftmals nur meine derzeitige Ansicht unterstrichen, dass die Bibel leider zu oft von gegensätzlichen Parteien als Argumentationsbasis für politische Ansichten anstatt als Grundlage gegenseitiger Nächstenliebe gebraucht wird. Wertvoll fand ich die Begegnungen mit verschiedenen arabischen Christen und ihre persönlichen Geschichten zu hören. 


© Tjitte Dijkstra

© Tjitte Dijkstra © Tjitte Dijkstra





Samstag, 10. März 2012

Eindrücke aus dem Westjordanland


Mit dem Bus fährt man vom Jerusalemer Damaskus-Tor in Richtung Süden. Während der Fahrt sieht man die teilweise 9 m hohe Betonmauer zwischen Israel und dem vom Israelischen Militär seit 1967 besetzten Westjordanland. Ohne Probleme überquert man den Checkpoint und wenige Minuten später steht man in Bethlehem. Man ist mitten im geschäftigen Treiben. Die Straßen sind voller Menschen und hupender Autos. Zum Abendbrot gibt es ein halbes Hühnchen, gegrillt. Beilagen wie verschiedenes Gemüse, Hummus und Brot werden immer wieder aufgefüllt. Alles für 25 NIS, umgerechnet 5 €.
Abends betreten ich mit Freunden aus Deutschland eine Shisha Bar im zweiten Stock eines heruntergekommenen Gebäudes. Der Saal ist gefüllt mit Arabern, ausschließlich Männer. Wir haben eine Frau dabei und werden wohl deshalb in eine etwas vom Rest abgeschottete Ecke gesetzt und erhalten unsere Shisha zusammen mit einem süßem Tee.

Die Eltern unseres Gastgebers erzählen aus dem Alltag. Ein bis zwei Mal in der Woche werde Bethlehem mit Wasser versorgt. Jeder hat deshalb große Wassertanks auf dem Dach stehen. Im Gästehaus wird man gebeten nur 5-7 Minuten zu duschen. Das Wasser aus dem Wasserhahn solle man nicht trinken. Will man als Palestinenser verreisen, muss man das von Jordanien aus tun, von Tel Aviv kann man nicht fliegen, da man ohne Sondergenehmigung nicht  nach Israel einreisen darf.

Nach dem Palästinensischen Frühstück geht es wieder zur Bushaltestelle. Der in Richtung Hebron fahrende Mini-Bus fährt dann ab, wenn er voll ist. Geplant ist der Besuch einer palästinensischen Farm etwas außerhalb von Bethlehem. Wir wissen nicht genau wo wir aussteigen müssen und die Menschen im Bus wollen uns helfen. „Ist der Besitzer Christ oder Moslem?“ „Wie heißt das Nachbardorf?“ Nach etwas rumtelefonieren werden wir schließlich an einer Kreuzung rausgelassen. Die Straße zur Farm ist an einer Stelle mit Geröll versperrt. Auf der Farm erklärt uns der Besitzer, dass die umliegenden Israelischen Siedler diesen Roadblock aufgeschüttet haben, um das Leben auf der Farm zu erschweren. Schaut man sich um, so sieht man, dass auf allen umliegenden Hügeln solche von Mauern und Zäunen umgebenen Siedlungen existieren. Seit 1992 befindet sich die Farm im Rechtsstreit mit dem Israelischen Militärgericht. Obwohl Dokumente aus Osmanischer, Britischer, Jordanischer und Israelischer Zeit den Besitz dokumentieren, soll das Land enteignet und für den Bau einer weiteren Siedlung genutzt werden. Dagegen wehrt sich der Besitzer und gründet das Projekt Tent of Nations. Ziel ist es, das gesamte Land zu kultivieren und Menschen auf die Umstände aufmerksam zu machen. Neben dem Roadblock gibt es noch andere Versuche die Entwicklung der Farm zu behindern. Es gibt keinen Wasser- und Stromanschluss. Tent of Nations sammelt deshalb Regenwasser und versorgt sich über Solarenergie mit Strom. Baugenehmigungen werden auch nicht erteilt, weshalb man auf Zelte und natürliche Höhlen zurückgreift.

Auf dem Weg zurück zur Straße begegnet mir ein in Hebron studierender Palästinenser. Er zeigt auf das Land um uns und erzählt, dass es früher Palästinensern gehört hat.

Ein Taxi bringt mich zurück nach Bethlehem, von wo aus ich mit dem Bus zurück nach Jerusalem fahre. Am Checkpoint müssen alle Palästinenser aussteigen und den Soldaten ein Papier zeigen, dass ihnen das Reisen nach Jerusalem erlaubt. Soldaten betreten kurz den Bus und überprüfen die Pässe der Ausländer. Etwa zehn Minuten später fährt der Bus weiter, zurück nach Jerusalem.